Li Contes del Graal

Incipit: Qui petit seme / Petit queult
(Wer wenig sät / Der erntet wenig)
Illuminierte Handschrift von Montpellier
Sigel M, 14. Jh.[1]

Percevax (Percevaus)[2] ou Li Contes del Graal[3] (altfranzösisch); Perceval ou Le Conte du Graal (neufranzösisch).

Perceval oder die Geschichte vom Gral ist der fünfte, längste und letzte höfische Versroman des Trouvères Chrétien de Troyes. Dieses Meisterwerk der französischen Literatur des Mittelalters entstand zwischen 1181 und 1191.[4] Der champagnische Autor hat diesen Artusroman seinem Auftraggeber und Mäzenen gewidmet, dem Kreuzfahrer Philipp von Elsass, Graf von Flandern.

Perceval oder die Geschichte vom Gral“ ist die literarische Geburt des geheimnisumwitterten Gralmythos. Der französische Mediävist und Romanist Philipp Walter stellt fest:

« Chrétien est bien l'inventeur du ‹mythe du Graal. »

„Chrétien ist in der Tat der Erfinder des ‹Gralmythos›.“[5]

In Vers 8 beschreibt Chrétien sein Werk als einen « romans ». Dies bedeutet, seine Erzählung ist in romanischer (altfranzösischer) Volkssprache gedichtet und nicht, wie im Mittelalter üblich, auf Latein.

Der Versuch des Trouvères Chrétien, profane Ritterlichkeit (in den Gauvain-Abenteuern) und die spirituelle Gralsuche (« Queste ») Percevals mit christlichen Motiven zu verbinden, blieb unvollendet. Die mittelalterliche Leserschaft fieberte ungeduldig einer Auflösung entgegen. So entstand eine Flut von Gral- und arturischen Rittererzählungen, zunächst in Frankreich und Europa, dann weltweit bis in die Gegenwart hinein.

Im Prolog seines Contes del Graal vergleicht sich der champagnische Autor metaphorisch mit einem Sämann:[6]

v 7 Crestiens seme et fet semance
v 8 D’un romans que il ancomance

Chrétien sät und streut den Samen aus
Eines Romans, den er beginnt[7]

Diese Prophezeiung sollte sich bewahrheiten. Die literarische Saat ging reichlich auf. Zahllose Epigonen bemächtigten sich eifrig des Stoffes und schufen unterschiedliche Fortsetzungen des unvollendeten Romans.

  1. Handschrift von Montpellier, Bibliothèque Interuniversitaire H 249, folio 1r digitalisiert. Ganz unten auf « Numérisation disponible en ligne » klicken!
  2. Die Schreibweise des Namens ‘Perceval’ variiert nach dem altfranzösischen Dialekt, in dem die 15 mittelalterlichen Handschriften jeweils abgefasst sind. Auch die regionale Herkunft des jeweiligen Kopisten erklärt abweichende Namensschreibweisen, die man sogar innerhalb derselben Handschrift finden kann.
  3. Im Prolog, Vers 64, gibt Chrétien de Troyes seinem Roman einen Titel: Ce est li contes del graal (Das ist die Geschichte vom Gral).
  4. Emmanuèle Baumgartner: Chrétien de Troyes. «Le Conte du Graal». Presses Universitaires de France (PUF), Paris 1999, ISBN 2-13-049993-7, S. 9.
  5. Philippe Walter: Chrétien de Troyes. Presses universitaires de France (PUF), Reihe: Que sais-je? Paris 1997, ISBN 978-2-13-048388-5, S. 106.
  6. Die Berner Handschrift 354, Sigel B, zeigt auf Folium 208ra in der historisierten Initialen „Q“ zeigt einen Sämann mit Kapuze zu Pferd: f. 208ra e-codices – Virtual Manuscript Library of Switzerland.
  7. Alle altfranzösischen Zitate stammen aus: Perceval ou le conte du Graal (Wikisource). Handschrift Paris, BnF 794 des Kopisten Guiot, Sigel A. Übersetzungen ins Deutsche vom Autor dieses Wikipedia-Artikels

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